Game of Thrones auf schwäbisch oder Konkurrenz im eigenen Hause

Firmeninterne Konkurrenz – wie soll das denn gehen? Das klingt erst einmal wie ein Widerspruch in sich. Aber es kann passieren, gerade wenn klare Abgrenzungen durch die Anforderungen der Kunden schleichend verändert werden. Doch Vorsicht, dieses Spiel kann man auch verlieren! Wir, als eigenständige GmbH eines Mutterkonzerns, hatten unsere Daseinsberechtigung für die Durchführung von Projekten. Dabei beschränken wir uns weitgehend auf Systeme anderer Hersteller oder bildeten kurzzeitig ein Konsortium mit den relevanten Abteilungen des Mutterkonzerns. Der Grund für die Bildung einer GmbH lag einzig und allein darin, das meist hoch risikobehaftete Projektgeschäft vom Rest des Konzerns zu separieren.

Der Konzern und die Tochter

Der Konzern seinerseits vermarktete ausschließlich die eigenen Systeme. Somit entstand eine klare Trennung, bei der man sich nicht ins Gehege kam. Jetzt waren wir aber gezwungen, durch die Veränderungen in unserem aktuellen Projekt, eine Kompensation zu finden. Hier begannen wir mit der Brechstange die Weichen umzustellen und noch machten beide Seiten dabei mit. Der Grund dafür war aus der Not heraus geboren worden. Einerseits brauchte der Kunde Unterstützung beim Aufbau der konzerneigenen Systeme, um seine Projektziele nicht zu gefährden. Andererseits war der Gewinnkuchen so groß, dass der Konzern auch uns beauftragen konnte um seine Systeme zu installieren und zu integrieren und trotzdem beide eine sehr gute Marge erzielten.

Die Bewährungsprobe

Unser Erfolg in diesem hoheitlichen Bereich des Konzerns machte die Account- Manager neugierig. Ein zufriedener Kunde und die Aussicht auf Auftragsmehrungen durch die GmbH klangen einfach zu verlockend und konnten helfen, die hochgesteckten Umsatzvorgaben zu erfüllen. Wir saßen bei den Übertragungssystemen bereits fest im Sattel und unser Ruf eilte uns voraus. Zu dieser Zeit bauten die Carrier ihre DSL-Zugangsnetze aus und auch hier kam der Konzern mit seinen Terminverpflichtungen nicht nach. Der erste Account Manager holte uns mit ins Boot und brachte unsere Bewährungsprobe gleich mit. Die Aufgabe war der Aufbau von 40 Systemen in nur zwei Wochen. Eigentlich unmöglich, aber jetzt spielten wir unsere gesamte Projekt Erfahrung aus und es war wie ein Paukenschlag als wir die 100-prozentige Fertigstellung zum vorgegebenen Termin bekannt gaben.

Der Machtkampf

Jetzt hatten wir auch den ersten Carrier als unseren Kunden gewonnen und viele andere wurden auf uns aufmerksam. So allerdings auch der Vorstand des Konzerns. Auf der einen Seite sah er die international agierende Tochtergesellschaft, die sich plötzlich im Inland etabliert hatte und die konzerneigenen Kräfte arbeitslos machte. Andererseits musste er sich auch eingestehen, dass diese kleine Firma sehr flexibel reagieren konnte und scheinbar alles möglich machte, was sich die Kunden wünschten. Nach einigem Kräftemessen wurde uns überraschend ein Outsourcing Deal angeboten. Der Konzern bot sein hoch qualifiziertes Team der Übertragungstechnik zum Kauf an. Leider packte er zu diesem Juwel noch einen ungeliebten Findling mit dazu – eine zahlenmäßig große Mannschaft aus der Vermittlungstechnik. Dieser Bereich begann, nach den goldenen Zeiten, defizitär zu werden und musste untergebracht werden.

Es war nicht mein erstes Outsourcing Projekt, aber was die Due Diligence da zutage brachte, war schon schwere Kost. Allein das Gehaltsgefüge war schwindelerregend und der Altersdurchschnitt schon fast biblisch. Dazu ein Machwerk an Regellungen, Vereinbarungen und Zugeständnissen, das ich so in der freien Wirtschaft noch nicht gesehen habe. Ja, es war sogar geregelt wann und wie ein Jubilar mit seinen Kollegen feiern durfte und welches Budget ihm dafür zur Verfügung stand.

Der Untergang

Nach reiflicher Überlegung mussten wir diesen Deal absagen und wir ahnten schon, dass diese Entscheidung für unsere GmbH kritisch werden könnte. Der Konzern veräußerte nämlich jetzt die Kronjuwelen an ein Lieblingsunternehmen aus alten Seilschaften und sagte uns für das Inlandsgeschäft den offenen Kampf an – der ging über Monate. Kennen Sie Game of Thrones? Wir, die geografischen Nordlichter, also Winterfell, bekamen die Kampfansage von den Südländern, quasi Kingslanding. Nun ist diese mittelalterlich Serie doch wohl kaum in die Neuzeit, geschweige denn in die moderne Firmenwelt zu übertragen, oder? Leider doch. Der Vorstand nutzte eine zwingend notwendige Belegschaftsreduzierung um sich unbeliebter Töchter zu entledigen. Wir wurden also, wie Eddard Stark, einen Kopf kürzer gemacht und die ganze Belegschaft in die Verbannung, sprich Transfergesellschaft, entsorgt. Übrigens, der Konzern existiert nicht mehr – die finnischen Drachen haben jetzt das sagen.

Nächste Woche geht es weiter: Mein schlimmstes Projekt – Die Eckdaten für PM-Albträume

Ein Großprojekt hat begonnen … Das Change Management

Es war wie ein Schock für alle. Der Aufgabensplit des Projektes drehte sich um 180°. Die beauftragten 70% handwerklichen und 30% technisch geprägten Tätigkeiten kehrten sich um. Alle Maßnahmen und Überlegungen mussten noch einmal auf den Prüfstand, denn im handwerklichen Bereich lag der Umsatz pro Auftrag bei um die 10.000€ und im technischen Umfeld bei nur ein paar 100€. Dies gefährdete unsere Gewinnprognosen und würde die Auftragsflut weiter ansteigen lassen, wenn die 80Mio€ Umsatz noch realisiert werden sollten.

Was war geschehen? Der Bedarf an Kollokationsräumen war vom Kunden bei Weitem zu optimistisch eingeschätzt worden. Damit hatte er ein massives Problem, denn der Vertrag hatte eine Abnahmeverpflichtung, das hieß, der Kunde musste 50% des avisierten Auftragswertes bindend beauftragen – aber woher nehmen? Jetzt hätten wir uns zurücklehnen können, denn schließlich war dies nicht unser Problem. Doch unser Erfolg wäre einem Pyrrhussieg gleichgekommen, denn gewonnen hätten wir so nichts. Wir konnten niemals diese Abnahmeverpflichtung einklagen, denn unser Konzern war der Systemlieferant unseres Kunden, also war die Provokation eines Rechtsstreites undenkbar gewesen.

Doch vorrangig mussten wir ein ganz anderes Problem lösen. Bei der Vielzahl der Aufträge mit systemtechnischem Hintergrund und sehr kleinem Auftragsvolumen, begann uns der Gewinn einzubrechen. Eine erste Analyse zeigte, dass es an den Aufbauorten immer wieder zu Problemen kam. Entweder waren notwendige Vorleistungen des Kunden noch nicht erbracht worden oder der schriftliche Auftrag wurde Vorort mündlich erweitert. Diese Wartezeiten, Mehrfachanreisen und zusätzlichen Arbeiten machten sich bei einem Auftragswert von ein paar 100 € sofort bemerkbar, wenn sie nicht zur Abrechnung kamen. Jetzt war ich froh, dass sich unsere Projektmanagement Software bereits in vielen Rollout-Projekten mit hohen Stückzahlen bewährt hatte. Wir automatisierten einen Soll/Ist-Vergleich jedes einzelnen kleinen Auftrages und konnten nun genau analysieren woran es lag, wenn die Gewinnerwartung nicht erreicht wurde. Damit konnten wir gezielt unsere Bauleitung und die eigenen ausführenden Kräfte dafür sensibilisieren, diese Probleme in Form von zusätzlichen abrechnungsfähigen Stunden mit dem Kunden vor Ort zu vereinbaren. Bereits nach ein paar Wochen schrieb fast jeder Auftrag wieder schwarze Zahlen. Jetzt konnte unsere Aufmerksamkeit wieder dem Kunden gelten.

Nach mehreren Kundengesprächen wurde deutlich, dass dieses Problem andere Maßnahmen als nur das gewohnte Change Management erforderte. Der Kunde investierte gerade massiv in seine systemtechnische Infrastruktur und musste sich dabei in Bezug auf Qualität und Terminzusagen auf seine beiden Systemlieferanten verlassen. Diese waren beim Aufbau der Systeme bereits ins Hintertreffen geraten und standen stark unter Termindruck. Zu bemerken ist noch, dass diese Arbeiten fürstlich vergütet wurden, da die Hersteller, ihrer Monopolstellung geschuldet, ein hohes Preisniveau vereinbaren konnten. Hier hieß es anzugreifen, auch wenn wir dann bei unserem eigenen Konzern (einem der beiden Hersteller) zu wildern begannen.

Wir konnten unseren Kunden überzeugen uns als dritten Player in diesen erlauchten Kreis mit aufzunehmen. Was jetzt geschah war bemerkenswert. Wir hielten alle zugesagten Termine ein, wurden allmählich zum Liebling unseres Kunden und die Systemhersteller gerieten mit ihren Terminen immer weiter ins Hintertreffen. Erst später stellte sich heraus, dass die Terminverzögerungen bei Weitem nicht so dramatisch waren, wie sie dargestellt wurden. Durch unser täglich aktualisiertes Reporting bekamen mir jederzeit den terminlichen Überblick über jeden einzelnen Aufbauort. Unsere Mitstreiter verfügten nicht über so ein Reporting und stellten sich somit eigentlich immer schlechter dar, als sie in Wirklichkeit waren. Solche Projekte sind nun mal nicht mit Excellisten und wöchentlichen Rückmeldungen der Fertigstellungstermine erfolgreich zu managen.

Jetzt saßen wir aber immer noch auf dem Flächenrostmaterial welches wir zum Aufbau der Kollokationsräume zu benötigen glaubten. Wir sprachen kurzerhand die Carrier an, die diese Flächen von unserem Kunden anmieteten, ob sie Bedarf bei Erweiterungen und Aufbau der Systemtechnik hatten. Wir staunten nicht schlecht als man uns für diese Arbeiten beauftragte und sich der Umfang der Aufträge fast wie von selber stetig erweiterte. Jetzt stellten wir uns immer breiter auf und weitere Kunden kamen hinzu – aus dem Projekt wurde ein Programm.

Übrigens: Das Projekt ging insgesamt sieben Jahre und zuletzt trennten wir uns von dem immer noch übriggebliebenen Flächenrostmaterial und schenkten es einen Nachunternehmer.

Nächste Woche geht es weiter: Konkurrenz im eigenen Hause

Ein Großprojekt hat begonnen … Die Personalrekrutierung

Das Projekt nahm Fahrt auf. Die Aufträge erreichten uns im Minutentakt und die Personalrekrutierung war in vollem Gang. Noch wussten wir nicht, dass wir im Projektmanagement auf 170 Personen anwachsen würden, aber wir ahnten es bereits. Die Personalbindung aus den eigenen Reihen war naturgemäß stark begrenzt und somit aktivierten wir alle Kontakte, die wir in unserem bisherigen Projektleben jemals kennengelernt hatten. Jetzt hieß es, sich nicht von der Quantität überrollen zu lassen, sondern unverändert auf Qualität zu setzen. Dies war ein schönes Leitziel, aber die Umsetzung war extrem steinig. Es ging jetzt schließlich um Menschen mit all ihren Begabungen, Wünschen und Erwartungen, die das wichtigste und wertvollste in einem Projekt sind.

Ich musste einige Schlüsselpositionen besetzen und eine langjährige Erfahrung hat mich gelehrt, dies unbedingt mit eigenem Personal zu tun. Wenn in diesen Funktionen eine Belegschaft sitzt, die sich bereits mit der Firma identifiziert hat, ist dies fast schon ein Erfolgsgarant. Ich kannte natürlich einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus vorigen Projektteams, von denen ich genau wusste, wie sie Projektarbeit lebten. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die ihren Teil dazu beitragen, die spüren können, dass heute kein pünktlicher Feierabend möglich sein wird, dass gerade die Luft brennt und alle fiebrig an einer Lösung arbeiten. Ich habe solche Teammitglieder/innen immer sehr bewundert und geschätzt, es ihnen wahrscheinlich jedoch viel zu wenig gezeigt. Aber wenn alle Rädchen ineinandergreifen, übersteht man fast jeden Projektsturm und dieses Erfolgserlebnis stärkt einen für die nächste Krise.

Von unseren aktivierten Kontakten bekamen wir jede Menge Personalvorschläge in Form von freien Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Wie sich herausstellte, befanden sich auch alte Bekannte unter den Anwärtern, worüber ich mich sehr freute, da ich ihre Arbeitsweise und Loyalität kannte. Wir hatten aber auch einen Personalverleiher, der seine Leute allesamt aus der EU vermittelte. Jetzt erfuhren wir eine angenehme Bereicherung, denn es wurde multikulturell in unserer Planungsabteilung. Natürlich  inklusive anfänglicher Verständigungsprobleme und kulturell bedingter Besonderheiten in Bezug auf das soziale und berufliche Miteinander. Die Leute waren gut und sie alle vereinten die gleichen Probleme: Das deutsche Steuerrecht, verspätete Gehaltszahlungen, Nachhilfe in „deutscher Gründlichkeit“ und dass zugesagte Termine auch bitte einzuhalten seien. Es war wirklich eine bunte Truppe, die mit viel Spaß und Elan die anstehenden Arbeiten bewältigte. Als bereits alle eingearbeitet waren bekamen wir plötzlich die Probleme. Der Personalvermittler hatte für Deutschland keine gültige Arbeitnehmerüberlassung. Also alles noch einmal von vorne.

Dann kam die Hiobsbotschaft. Ein großer Carrier wurde insolvent. Dies ist in einem sich selbst regulierenden Markt nun nicht ungewöhnlich, aber für uns doch sehr überraschend gewesen. Insbesondere, weil wir für diesen Anbieter die Maintenance, also die Wartung der technischen Anlagen, mit 51 gut ausgebildeten Technikern realisiert hatten. Diesen Mitarbeitern hätte nun kurzfristig betriebsbedingt gekündigt werden müssen. Es lag somit nahe, diese Personen in unser Projekt mit einzubinden. Eine Herkulesaufgabe wie sich herausstellte.

Der große Vorteil war, dass diese Techniker regional stationiert waren und wir somit auf einem Streich im ganzen Land präsent waren. Durch die hochwertige Ausbildung waren diese Personen prädestiniert für die Inbetriebnahmen der technischen Systeme und nach entsprechender Schulung, für die Bauleitung vor Ort. Mit diesen Aufgaben wäre aber noch keine 100-prozentige Auslastung gegeben gewesen und somit mussten wir dieses Team auch handwerklich ausbilden, damit sie Installationstätigkeiten im Feld übernehmen konnten.

Es hieß somit noch einmal 51 Personalgespräche zu führen und die Einbindung in dieses Projekt zu erläutern. Jedem war sofort klar, dass sich damit das Projekt zu einer mittelständischen Firma entwickeln würde. Es musste eine Strategie entwickelt werden, wie nach der Projektlaufzeit von elf Monaten, diese Mannschaft weiter beschäftigt werden konnte. Letztendlich blieben 39 Personen, auf die wir zählen durften und mit denen wir diese Vision umsetzen wollten. Unser Projektbüro wurde in den nächsten zwei Monaten zur Ausbildungsstätte umfunktioniert. Jetzt wurde es täglich turbulent: Handwerkliche Ausbildung, Einweisung in die Techniken, Versorgung mit Werkzeug und Material – das ganze Programm. Das faszinierende daran war, dass sich diese Mannschaft mit dem Projekt und der Vision einer Weiterführung offensichtlich identifizierte. Da lag greifbar ein „Wir Gefühl“ in der Luft, das trotz der ganzen Hektik jeden mitriss.

Dann kam der Schock für alle. Die Aufgaben des Projektes drehten sich um 180°. Die beauftragten 70 % handwerkliche und 30 % technische Tätigkeiten kehrten sich um. Alle Maßnahmen und Überlegungen mussten noch einmal auf den Prüfstand. Irgendwie sollten wir nicht zur Ruhe kommen…

Nächste Woche geht es weiter: Das Change Management

Ein Großprojekt hat begonnen … Die Projektkommunikation

Das Projekt war angelaufen. Erst holprig und mit Verzögerung, aber jetzt kam es in Schwung. Die Kommunikationsstrukturen des Projektes mussten das Personalwachstum berücksichtigen. Noch waren wir ein Team von sechs Personen im Projektmanagement – doch schon sehr bald würden es 170 sein. Die Kommunikation bekam ein neues Maß an Qualität und war mit üblichen Herangehensweisen nicht mehr zu bewältigen. Neben einer hohen Automatisierung der Informationsflüsse musste ebenfalls sichergestellt werden, dass die Meldungen die betreffenden Personen auch erreichten und strikte Disziplin innerhalb der Interaktionen der Abteilungen herrschte. Dies alles erfolgte bei einer hohen Informations- und Meeting-Dichte im Projekt.

Die Automatisierung

Die Fülle an Informationen in diesem Projekt war erheblich und diese mussten umgehend jeden überall erreichen. Das betraf insbesondere Veränderungen von Leistungsverzeichnispositionen, die Aktualisierung von Montagevorschriften, Ergebnisse aus Steeringboard-, Kunden- und Projektmeetings sowie Logistikinformationen und Terminabsprachen an den Einsatzorten. Darüber hinaus hatten wir dem Kunden und unseren Account Managern ein wöchentliches Reporting versprochen, welches selbstständig abgerufen werden konnte. Alle Informationen wurden in unseren Datenbanken gesammelt und mussten gezielt an die jeweilige Nutzergruppe weitergeleitet werden. Realisiert wurde dies mit E-Mail Verteilern, Pushmails, unterschiedlichen Zugangsdaten und Berechtigungen.

Die Syntax dafür war ein komplexes System, über das zwei Mitarbeiter ständig wachten. Wie der Zufall es wollte, hatte einer dieser Mitarbeiter den gleichen Nachnamen wie der zentrale Projektleiter beim Kunden. Er erhielt dann auch prompt, natürlich versehentlich, die E-Mail, in der unsere gesamten Materialprobleme feinsäuberlich aufgelistet waren. Als wir es bemerkten, war es aber leider schon zu spät. Die E-Mail war schon gelesen und konnte daher nicht mehr zurückgeholt werden. Mir schossen alle möglichen Reaktionen auf den Inhalt dieser brisanten E-Mail durch den Kopf und ich sah mich schon gedanklich vor dem Kunden sitzen, um das wieder aus der Welt zu argumentieren. Eine Antwort des Projektleiters blieb aus. Eine Woche später hingegen, während eines Gespräches mit dem Herrn, erhielt ich ein Lob seinerseits. In der E-Mail waren zwar unsere Probleme, aber auch die Lösungsansätze und Aktionen beschrieben worden, was dem Kunden einen Einblick in unsere professionelle Problemlösung ermöglichte.

Sicherstellung

Die wichtigste Aufgabe war es, unser neues Personal kompakt mit den aktuellen Informationen zu versorgen. Nun waren wir alle aber sehr mit dem aktuellen Tagesgeschäft beschäftigt und es fehlte die Zeit durch umfangreiche Erläuterungen eine gute Einweisung zu realisieren. Wir brauchten eine Art Waschzettel auf dem das Wichtigste vermerkt war. Ich verpflichtete somit jeden Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin eine Projektakte mit der Essenz, die für die jeweilige Abteilung relevanten Informationen, zu führen. Jeder Neuzugang bekam eine Ansprechperson der Abteilung zur Seite gestellt, um diese Daten inklusive einer Einweisung zu erhalten. Es funktionierte und ich habe selten ein „das habe ich nicht gewusst“ gehört.

Bei diesem engen Terminplan, der für jeden Auftrag bestand, war die aktuelle Pflege der Meilensteintermine extrem wichtig. Den größten Flaschenhals erzeugten dabei die ausführenden Kräfte Vorort. Jeden Freitag um 14:00 Uhr mussten alle Termine eingegeben sein, um dann eine Stunde später das Reporting zur Verfügung zu stellen. Es war aber ein langer Weg, bis dies ohne große Hinterhertelefoniererei auch umgesetzt werden konnte. Somit wurde es jeden Freitag hektisch und manchmal war erst um 18:00 Uhr endlich Feierabend – nach einer 60 Stundenwoche und noch 300 km bis zur heimischen Haustür!

Disziplin

Jede Abteilung hatte nur ein kleines Zeitfenster um die jeweilige Arbeit an dem Auftrag zu leisten. Ein Tag Verzug konnte schon die ganze Terminkette gefährden. Entsprechend feindlich gesonnen waren die ersten Projektmeetings mit dem wachsenden Team, weil eigene Versäumnisse auf die vorangegangenen Abteilungen abgewälzt wurden. Wir nutzten die Meilensteinverfolgung, um anhand von Qualitätsindikatoren ein Frühwarnsystem zu etablieren, damit auf Verspätungen umgehend mit Korrekturmaßnahmen oder Personalverstärkung reagiert werden konnte. Damit kam Ruhe in das Team und die Abteilungen konnten Tag genau ihren Durchsatz messen.

Trotzdem gab es sie am Anfang – diese Bandwurm-E-Mails, in denen sich zwei beharkten, statt das Problem zu lösen. Gerne auch mit einem großen Verteiler, sodass ja genug Publikum involviert wurde. Ich las daraus ab, dass die interne Kommunikation noch nicht stimmte und brachte das ganze Team an einen Tisch, um das „warum“, „wie“ und „was“ eines Auftrages allen klar zu erläutern. Das Verständnis für die einzelnen Arbeitsschritte und die Akzeptanz dafür, nur einen geklärten Auftrag weiter zu geben, wurde sensibilisiert.

Unsere Projektmeetings wurden übrigens per Video abgehalten, damit unsere Regionalmanager ohne Reisekosten daran teilnehmen konnten. Leider war Skype damals noch nicht so ausgereift und unsere IT probierte immer mal wieder neue Anbieter aus. So kam es, dass wir bei einem Portal alle „Besucher“ aus der Konferenz manuell abweisen mussten. Einer war uns dabei wohl durchgerutscht und er fragte uns per Messanger, ob wir ein online Theaterstück machen würden und ob er sich anschließen dürfte. Zumindest an dem Tag hatten wir mal wieder was zu lachen.

Nächste Woche geht es weiter: Personal Recruiting und andere Katastrophen

Ein Großprojekt hat begonnen … Die Projektumsetzung

Jetzt konnte es losgehen. Das Projekt-Kick-off-Meeting war gut gelaufen und wir konnten unseren Kunden überzeugen, dass er dieses Projekt in die richtigen Hände gegeben hatte. Mit einem guten Gefühl saßen wir am nächsten Tag wie hypnotisiert vor unserem elektronischen Eingangsportal und warteten auf den ersten Auftrag. Es kam aber keiner – nicht einer. Ich merkte, wie sich eine bleierne Stille im Büro ausbreitete. Wir hatten in unserem Bürotrakt sowieso immer alle Türen offen, aber nun war jeder mit einem halben Ohr im Gang, um auch sofort mitzubekommen, wenn etwas passieren würde. Mir schossen die Gedanken nur so durch den Kopf. Eigentlich war es ja gut, denn jetzt hatten wir Zeit um den ganzen Aktionismus der letzten Woche auf stabile Beine zu stellen. Andererseits fragten wir uns, ob irgendetwas übersehen oder nicht bedacht wurde. Und dann war da noch der Druck von innen, denn der monatlich zu erwartende Umsatz war bereits fest vom Unternehmen eingeplant.

Ich griff also zum Telefon, um herauszubekommen, warum man uns nicht mit Aufträgen versorgte. Schließlich war es ja ein ambitioniertes Ziel, 80 Mio.€ in 11 Monaten mit Serviceleistungen abzuwickeln. Wenn dieses Volumen durch anfängliche Verzögerungen in einem noch kürzeren Zeitraum realisiert werden müsste, bräuchten wir noch mehr Personal.

Der erste Grund für das Ausbleiben der Abrufe war sehr trivial. Der Projektvertrag, aus dem die Abrufe getätigt werden konnten, war schlichtweg noch nicht in das System des Kunden integriert worden. Nun gut, wir hatten ja schließlich noch genug zu tun und beschlossen, ein paar Tage zu warten. Aber es geschah immer noch nichts.

Der zweite Grund war nur noch zum Kopfschütteln. Die regionalen Einkäufer sahen zwar jetzt den Projektvertrag, sie hatten aber keine Informationen darüber erhalten, dass ab sofort nur noch aus diesem Vertrag abgerufen werden sollte. In den Regionen lief somit alles normal weiter und die Aufträge gingen an alle anderen Unternehmen, nur nicht an uns. So vergingen zwei wertvolle Wochen, bis der erste Auftrag bei uns eintrudelte.

Jetzt lief alles wie am Schnürchen. Die Abarbeitung dieses Auftrages war vorbildlich. Binnen zwei Tagen war der Auftrag erledigt und wir hielten die Abnahmebestätigung in Händen. Die Flasche Sekt konnte endlich aus dem Kühlschrank geholt werden und wir feierten in kleiner Runde die erste erfolgreiche Auftragsabwicklung. Allerdings ein wenig verhalten, quasi proportional zum Auftragswert – von 147€.

Uns war klar, dass dies der erste Testballon war und die anderen Regionen uns ebenfalls erst einmal testen würden. Was dann geschah, war nach dem verhaltenen Anfang allerdings auch nicht zu erwarten gewesen. In Spitzenzeiten bekamen wir um die 120 Abrufe pro Tag! Bei einem zeitlichen Aufwand von durchschnittlich 30 Minuten für die Auftragseingabe in die Systeme, Versendung der Auftragseingangsbestätigung und telefonische Auftragsklärung mit dem Kunden, waren unsere anfänglich geplanten drei Mitarbeiter/innen schnell überfordert. Der gesamte Personalaufwand im Projektmanagement wuchs exponentiell auf zuletzt 170 Mitarbeiter/innen.

Unsere Systeme liefen einwandfrei und dank unserer Projektmanagement Software hatten wir das Projekt stets unter Kontrolle. Mir wurde aber auch sehr schnell klar, wo sich unsere größte Schwachstelle herausbildete. Die Kommunikation im Projekt bekam eine neue Qualität und war mit üblichen Herangehensweisen nicht mehr zu bewältigen. Es war eine hohe Automatisierung der Informationsflüsse erforderlich, eine eindeutige Priorisierung der Informationen musste geschaffen werden und bei den Interaktionen der Abteilungen musste strikte Disziplin herrschen. Sie runzeln die Stirn? Ein Beispiel: Bei durchschnittlich 75 projektrelevanten E-Mails pro Tag wollte ich keine Bandwurmmails sehen, in denen zwei Abteilungen ihre „kleinen“ Probleme in der elektronischen Post platt walzten, anstatt den Telefonhörer aufzunehmen oder einmal quer über den Gang zu gehen. Diese Umsetzung wurde zu einer wirklichen Herausforderung und es hat einige Zeit benötigt, bis gewohnte Herangehensweisen abgelegt und die neue Kommunikationskultur gelebt wurde. Doch dazu nächste Woche mehr…

 

Nächste Woche geht es weiter: Kommunikation im Projekt.

Ein Großprojekt hat begonnen … Das Projekt-Kick-off-Meeting

Das Projekt über 80 Mio. € Serviceleistungen in elf Monaten nahm Formen an und jede Maßnahme war intelligent durchdacht und praktikabel. Jetzt musste nur noch alles umgesetzt werden und dazu benötigten wir umgehend mehr Personal. Wie konnten wir von sechs auf 170 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wachsen und mit welcher Strategie sollten wir im Projekt-Kick-off-Meeting punkten? Dazu nutzten wir die Kontakte unserer Key Account Manager, die Zugang zu den regionalen Führungskräften unseres Kunden hatten. Was wir allerdings von ihnen hörten, ließ uns von einer Ohnmacht in die nächste fallen. Das Projekt war gar nicht gewollt!

Wir hatten die Einkäufer mit unserem Angebot überzeugt, was aber noch lange nicht hieß, dass die ausführenden Organe in den Regionen ebenfalls auf unserer Seite standen. Von der Basis wurde das Projekt schlichtweg als unsinnig eingestuft. Wie konnte das geschehen? Halten wir uns zum Verständnis noch einmal den Splitt des Auftrages vor Augen. Zu 70% waren spezielle handwerkliche Aufgaben ausgeschrieben worden und nur zu 30% Arbeiten, die ein spezifisches Technikwissen benötigten. Jedoch wurde gerade der größte Teil des Projektes in seinem beauftragten Umfang massiv infrage gestellt. Die Hochrechnung, die auf der Grundlage von Planzahlen aus den Regionen erstellt wurde, erschien uns realistisch, wurde aber in den Regionen als extrem zu hoch angesehen. Sollte sich dies bewahrheiten, wären die Auswirkungen auf das Projekt, trotz Abnahmeverpflichtung, katastrophal.

Für den verbleibenden Teil des Projektes wurde unsere Kompetenz in den Regionen angezweifelt. Frei nach dem Motto: „Wen ich nicht kenne, dem vertraue ich nicht!“. So sahen wir uns bei dem bevorstehenden Projekt-Kick-off-Meeting einem Bollwerk der Ablehnung gegenüber. Wie konnten wir dieses Stimmungsbild abmildern, korrigieren, beeinflussen oder gar ins Positive drehen? Ich entschied mich für die absolute Flucht nach vorne.

Ich traf mich mit den Nachunternehmern meines Vertrauens und wir vereinbarten folgendes Vorgehen. Für den nächsten Werktag nach dem Kick-off wurden uns zehn Installationsteams für einen bundesweiten Einsatz zur Verfügung gestellt. In den ersten Wochen würden diese Teams auch das erforderliche Material mitbringen, bis wir über eigene Lagerbestände verfügen konnten. Weiterhin wurde unser elektronisches Postfach für die eingehenden Aufträge, quasi über Nacht, aktiviert. Die Datenbanken zur Auftragsverwaltung wurden eingerichtet und für die Posteingangskontrolle verantwortliches Personal bestimmt. Alle Beteiligten wurden auf die eventuell negative oder ablehnende Kommunikation mit dem Kunden vorbereitet. Die Devise hieß: “Wir machen alles möglich und dieses stets zuvorkommend, freundlich und kompetent.“.

So gingen wir in das Projekt Kick-off Meeting. Bereits auf einem der ersten Charts erläuterte ich unsere Eingangsportale für die zu erwartenden Aufträge. Jedes Mitglied unseres Teams stellte sich individuell dem Kunden vor und sah zum ersten Mal seinen „Spiegel“ beim Kunden. Wir erzeugten gewollt den Eindruck, dass wir noch nie etwas anderes gemacht hätten und dass die Aufträge hier in guten Händen sind. Der zweite Schritt war noch einmal die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten wie der Einsatz bekannter Unternehmen, Materialübernahmen und einiges mehr. Damit hatten wir schließlich auch den Einkauf überzeugt und dadurch maßgeblich den Auftrag gewonnen. Wie ich es geahnt hatte, war dieses Entgegenkommen zwar dem zentralen Einkauf, aber nicht den anwesenden Verantwortlichen aus den Regionen bekannt. Wir erzielten damit einen ähnlichen Effekt beim Auditorium. Die Ersten nickten zustimmend, andere ließen ihre verschränkten Arme sinken oder lehnten sich mit einer gewissen Erleichterung in ihrem Stuhl zurück. Wir waren dabei die zweite Runde zu gewinnen und machten glaubwürdig klar: Wir sind bereit und die Aufträge können kommen!

Erst sehr viel später mussten wir feststellen, gegen welch große Windmühlen wir uns durchgesetzt hatten. Unser Mutterkonzern genoss bei unserem Kunden nicht den besten Ruf und dies einzig und allein, weil er nicht so flexibel reagieren konnte wie die vom Kunden gebundenen Nachunternehmer. Ein Manko, wofür die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nun wirklich nichts konnten, denn ein großer Konzern mit seinen vielen Hierarchiestufen kann nicht so schnell reagieren wie Fernsehmeister Müller von nebenan.

Mit einem guten Gefühl saßen wir am nächsten Tag wie hypnotisiert vor unserem elektronischen Eingangsportal und warteten auf den ersten Auftrag. Was dann geschah, war ernüchternd – es passierte nämlich nichts …

Nächste Woche geht es weiter: Ein Großprojekt hat begonnen … Die Projektumsetzung.

PS: Mehr zu lesen über das Projekt-Kick-off-Meeting gibt es hier.

Ein Großprojekt hat begonnen … Die Projektplanung

Wir hatten den Auftrag gewonnen! Das Projekt über 80 Mio. € Serviceleistungen, mit einer Projektlaufzeit von elf Monaten, musste aus dem Stand beginnen. Jetzt hieß es unsere Annahmen auch umzusetzen. Wir hatten ca. 7.000 Abrufe pro Monat zu erwarten und benötigten dafür bis zu 400 Installationsteams und 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Projektmanagement. Das Projekt-Kick-off-Meeting, und somit der offizielle Projektstart, sollte in einer Woche sein. Ich fuhr nach Berlin und traf mein Startteam von sechs Personen. Die Woche der langen Nächte begann.

Der Projektmanagementplan war während der Angebotsphase bereits grob umrissen worden. Die notwendige Zeit, um diese Projektgrundlage detailliert auszuarbeiten, gab es aber nicht. Jetzt hieß es Personal zu rekrutieren, Subunternehmer und Lieferanten zu binden, Büros und die Infrastruktur einzurichten und alles  weitere was natürlicherweise zu einem Projektstart gehört. Darüber hinaus war es aber essenziell wichtig die folgenden sechs Themen ad hoc umzusetzen.

Ressourcen Planung

Die wichtigsten Ressourcen in diesem Projekt waren Mensch & Material, und zwar in direkter Abhängigkeit zu den eingehenden Aufträgen (Abrufen). Dazu mussten zunächst die Arbeitspakete definiert werden. Welche Abteilung hatte in einem bestimmten Ausführungszeitraum die Verantwortlichkeit für welche Arbeit. Es mussten die Meilensteine und die Übergabepunkte bestimmt werden sowie eine intelligente Codierung der Arbeitspakete hinsichtlich der verschiedenen auszuführenden Arbeiten. Neben einer Grundauslastung benötigten wir genügend Puffer, um auch alle Aufträge in der vertraglich vereinbarten Zeit ausführen zu können.

Logistik

Die ca. 400 benötigten Materialitems, die es zu bevorraten hieß, mussten einer permanenten Kontrolle unterliegen um ausreichend Materialverfügbarkeit sicherzustellen. Darüber hinaus musste das Material auftragsbezogen und zu einem bestimmten Termin irgendwo in Deutschland auf die Baustelle geliefert werden. Jetzt war Kreativität gefragt. Beim Flächenrostbau erdachten wir uns einen typischen Auftrag und bestellten das im Planbeispiel benötigte Material für die ersten 100 Aufträge. Was uns aber bei der Systemtechnik erwarten würde war rätselhaft. Wir nahmen also Verbindung mit dem Lieferanten auf und fragten schlichtweg was unser Kunde üblicherweise an Material bestellt und taten das Gleiche in abgespeckter Form.

Dokumentation und Datenbanken

Alle vertraglich relevanten und organisatorischen Dokumente mussten dem Team und den Subunternehmern gezielt, automatisiert und aktuell zur Verfügung gestellt werden. Wir setzten dies mit einer Datenbank um, aus der auch auf den Baustellen die gültigen Montageanweisungen bezogen werden konnten.

Qualitätsmanagement

Die Qualitätssicherung war der Schlüsselindikator in diesem Projekt, weil wir bei unserem Kunden an Livesystemen arbeiteten. Maßstab waren somit die Systemausfallraten die unser Kunde mit seinen Vertragspartnern vereinbart hatte. Dies hieß, bei einem Geschäftsanschluss war eine 99,9%ige Verfügbarkeit zu gewährleisten – sonst wurde eine Konditionalstrafe fällig. Unsere Maßnahmen mussten im Qualitätshandbuch definiert und durch Evaluation laufend aktualisiert werden. Dazu kam die angedachte Qualitätsbewertung durch den Kunden anhand von Bewertungsbögen sowie interne Qualitätsindikatoren, die ebenfalls sicherstellten, dass die zeitlich definierten Meilensteine auch eingehalten wurden.

Kostenkontrolle

Der einzelne Abruf wurde mit einem Auftragsvolumen von ein paar 100€ bis hin zu maximal 10.000 € angenommen. Bei diesen kleinen Beträgen gefährdeten Fehler, Mehraufwände oder Nacharbeiten sofort das Projektergebnis des einzelnen Auftrages. Es musste somit eine automatisierte Kostenkontrolle je Auftrag realisiert werden. Dazu verwendeten wir das firmeneigene PMS (Project Management System), welches wir generell für große roll-out-Projekte einsetzten und es entsprechend.

Reporting

Dieses Projekt unterlag einer sehr akribischen Kontrolle in all seinen Facetten. Unser Anspruch war es, diese Daten auch dem Kunden in einem wöchentlichen Reporting zur Verfügung stellen. Dies konnte nur im Autopiloten erfolgen, denn für händische Korrekturen würde keine Zeit bleiben. Dazu mussten wir verschiedene Systeme zusammenfahren und ein ansprechende Darstellung aufbereiten.

Das Projekt nahm Formen an und jede Maßnahme war intelligent durchdacht und praktikabel. Jetzt musste nur noch alles umgesetzt werden und dazu benötigten wir umgehend mehr Personal. Wie wir von sechs auf 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wuchsen, wie das Projekt-Kick-off-Meeting lief und wie wir den ersten Abruf bekamen, erfahren Sie in den nächsten Beiträgen.

Nächste Woche geht es weiter: Das Projekt-Kick-off-Meeting

Ein Großprojekt beginnt … Die Angebotsverhandlung

Das Angebot über 80 Mio. € Serviceleistungen, mit einer Projektlaufzeit von elf Monaten, war übergeben worden. Sollten wir hoffen den Auftrag zu bekommen oder war es vielleicht besser, wenn dieser Kelch an uns vorüberginge? Dieses Projekt umzusetzen war keine leichte Aufgabe aber spannend, herausfordernd und wo möglich der Beginn einer langfristigen Partnerschaft mit diesem Kunden. Zusammen mit dem Angebot haben wir die geplante Umsetzung, den Personalbedarf, eine Timeline der verschiedenen Abrufe und unsere langjährige Expertise dargelegt. Wie sollten wir uns jetzt auf die Verhandlungsgespräche vorbereiten? Wie konnten die Asse im Ärmel aussehen?

Natürlich hatten wir eine ansehnliche Präsentation unserer Firma und konnten die weltweite Expertise und Leistungsfähigkeit aus den vergangenen Projekten dieser Art anschaulich darstellen. Aber wie konnten wir uns vom Wettbewerb abheben? Wo waren unsere Alleinstellungsmerkmale?

Diesbezüglich hatten die Key Account Manager unseres Mutterkonzerns für uns die Ohren offen gehalten. Sie fragten nach dem Stimmungsbild in Bezug auf diesen kommenden Auftrag. Zutage kam eine weitgehende Ablehnung, denn bisher wurden diese Arbeiten von eigenen Kräften oder wohlbekannten Subunternehmern erledigt. Sie hörten recht skurrile Bedenken wie: „Unser Subunternehmer hat uns immer die Weihnachtsfeiern gesponsert.“ oder „Jetzt bleibe ich auf dem ganzen Material, das ich bevorratet habe, sitzen.“. Es gab aber auch handfeste Einwände, ob die neu gebundene Firma auch die Qualität sicherstellen kann oder bei der Installation immer nach der aktuellsten Montageanweisung installieren wird. Wie will sie denn die Zugangsberechtigungen realisieren? Wird sie auch die gleichen Brandschutzsysteme verwenden wie wir? Wie sollen wir das denn alles planen oder geschweige denn abnehmen?

Diese Hinweise haben wir alle gründlich bewertet und strategisch für uns umgesetzt. Es entstand eine Vorlage zum Verhandlungsgespräch, die diskutiert werden konnte, um somit auf spezifische regionale Besonderheiten einzugehen.

Die Punkte im Einzelnen:

  • Subunternehmer: Wenn das Preisgefüge zu unserem Angebot passt können langjährig bekannte Subunternehmer durch uns gebunden werden.
  • Material: Bei Bedarf besteht die Möglichkeit, dass bevorratetes Material des Kunden zu den Konditionen des Rahmenliefervertrages übernommen werden kann. Darüber hinaus werden wir die Verwendung der regional eingesetzten Brandschutzmaterialien sicherstellen.
  • Zugangskontrolle: Durch unser Personal stellen wir die persönliche Abstimmung zur Zugangskontrolle sicher. Die regionalen Standorte sind in zwölf Großstädten vertreten.
  • Installationshandbücher: Diese Unterlagen können von jedem Installationsteam via Internet aus einer zentralen Datenbank abgerufen werden.
  • Abnahme und Qualitätssicherung: Nach Fertigstellung eines Abrufes melden wir die Abnahmebereitschaft bei dem jeweiligen Ansprechpartner an. Bei einer gemeinsamen Abnahme stellen wir dem Kunden frei unsere Leistung mit einem Qualitätsbogen zu bewerten.
  • Reporting: Wir bieten ein automatisiertes wöchentliches Reporting an, das jeden Freitag ab 14:00 Uhr selbstständig via Internet aus unserer Datenbank bezogen werden kann.
  • Planungsleistungen: Optional können wir in Spitzenzeiten Planungsleistungen für den Kunden übernehmen.

Mit diesem Diskussionspapier konnten wir viel individueller auf die Belange der Regionen eingehen. Wir waren zufrieden und hofften, der Kunde würde dies auch so empfinden.

Dann war es soweit und die Verhandlung begann: „Sehr schön, aber Sie sind zu teuer!“. Doch auf diese Aussage hatten wir ja nur gewartet, denn jetzt konnten wir darlegen, welche zusätzlichen Leistungen wir mit unseren Preisen anzubieten hatten. Wenn der Kunde diese Leistungen teilweise nicht nutzen möchte, wären wir grundsätzlich zu möglichen Preisreduzierungen bereit. Wir diskutierten über jeden einzelnen Punkt und merkten, wie immer mehr regional Verantwortliche ihre zuerst ablehnende Haltung aufgaben. Spontane Äußerungen wie: „Das hätten wir nie erwartet!“ oder „Sie haben sich ja richtig Gedanken gemacht!“ brachten uns zu einer Verhandlungsposition, in der plötzlich der Preis nachrangig wurde. Natürlich mussten wir noch an der einen oder anderen Stelle einen Preisnachlass geben, aber nie mehr als von vornherein mit einkalkuliert war. Damit hatten wir gewonnen und bekamen den Auftrag – jetzt wurde es schlagartig ernst.

Nächste Woche geht es weiter: Die Projektplanung

Ein Großprojekt beginnt … Die Angebotserstellung

Die Gründe, warum unser Kunde dieses Angebot über 80 Mio. Serviceleistungen mit einer Projektlaufzeit von elf Monaten auf den Markt gebracht hat, waren jetzt bekannt. Der Druck durch die Regulierungsbehörde, der anstehende Personalabbau sowie die dringend erforderliche Modernisierung der Systeme haben ihn dazu veranlasst. Mit welcher Strategie konnten wir jetzt diesen Auftrag gewinnen? War es überhaupt ratsam, auf dieses Harakiri Projekt einzugehen? In welche Risiken würden wir uns begeben? Dazu mussten wir uns noch einmal vor Augen führen was die beiden ausgeschriebenen Leistungsblöcke exakt beinhalteten.

Die Installation von Kollokationsräumen war ein typisches Turn-Key-Projekt, ein Massenrollout mit hohem Abrufvolumen, kurzer Realisierungszeit und ohne Forecast. Diese handwerklichen Tätigkeiten konnte von sehr vielen Wettbewerbern erbracht werden und es war eigentlich kein Auftrag, der so richtig in unser Portfolio passte. Nach der ersten Evaluation bestätigte sich, dass die Kapazitäten für diese Arbeiten am Markt vorhanden waren. Weiterhin konnte sichergestellt werden, dass das regionale Preisgefüge erreicht wurde. Die Durchführung der Arbeiten und benötigten Materialien waren in diesem Fall eindeutig beschrieben.

Trotzdem wurden die Hauptrisiken schnell ersichtlich. Für das benötigte Flächenrostmaterial gab es bundesweit nur einen, von unserem Kunden zugelassenen Lieferanten. Die mit Konventionalstrafe belegte Ausführungszeit von drei Wochen pro Auftrag konnte zumindest in der Anfangsphase nicht gehalten werden. Weiterhin war der offensichtlich hohe Projektmanagementaufwand in den Angebotspreisen nicht abbildbar und wir mussten versuchen, dies mit Synergien aus dem zweiten Leistungsblock aufzufangen.

Ganz anders verhielt es sich bei der Installation & Inbetriebnahme von Systemtechnik, weil uns hier eine schier unendliche Vielzahl von verschiedenen Systemen erwarten würde. Dieser Bereich der Inbetriebnahme und Systemintegration war für uns völlig neu, bot jedoch die Möglichkeit als bundesweiter Systemintegrator zu agieren und eine langfristige Partnerschaft mit unserem Kunden zu ermöglichen. Für diese Arbeiten gab es am Markt jedoch bei Weitem nicht die erforderlichen fachkundigen Kapazitäten und es war nicht erkennbar, welche Vielzahl an verschiedenen Materialien benötigt und bevorratet werden mussten. Eins wurde aber schnell klar: Auf die meisten laufend benötigten Materialien gab es Lieferzeiten von bis zu zehn Wochen. Damit war die Vorgabe für eine Auftragserfüllung in drei Wochen, zumindest in der Anfangszeit, nicht erfüllbar. Ohne einen Forecast war dies ein fast unmögliches Unterfangen.

Keine einfache Aufgabe, dafür die einmalige Gelegenheit uns neben den Systemlieferanten am Markt zu etablieren – und das bundesweit. Erschwerend kam hinzu, dass unser Kunde diese Leistungen zwar zentral ausschrieb, wir es aber bei der Ausführung mit dreizehn regionalen und weitgehend autarken Kunden zu tun hatten.

Die weiteren Vertragsbedingungen beinhalteten eine Abnahme der Leistungen binnen 30 Tagen und die Vergütung der Leistungen nach weiteren 30 Tagen. Die Konventionalstrafe war sehr moderat (Promillebereich pro Tag) mit einer noch einstelligen Obergrenze auf den verzögerten Teil der Leistungen. Da keine Angaben über die Anzahl der zu erwartenden Abrufe seitens des Kunden getätigt werden konnten, wurde nach langwierigen Gesprächen eine Abnahmeverpflichtung von mindestens 50% des Gesamtauftragsvolumens vereinbart. Damit war auf der einen Seite sichergestellt, dass wir überhaupt Abrufe bekamen. Auf der anderen Seite waren wir jetzt in der Pflicht, dieses Minimum von 40 Mio. € auch in elf Monaten umzusetzen.

Diese Kundengespräche, Anfragen am Markt bezüglich Kapazitäten und Material sowie die strategischen Überlegungen haben viel Zeit gekostet. Soviel, dass unser druckfrisches Angebot von einem Mitarbeiter, welcher die 400km bis zum Kunden gefahren ist, zwei Stunden vor Abgabetermin persönlich übergeben wurde. Jetzt hieß es warten und hoffen, dass wir uns platzieren konnten.

Nach Ostern geht es weiter: Die Angebotsverhandlung

Ein Großprojekt beginnt … Die Angebotsstrategie

Das Angebot über 80 Mio. Serviceleistungen mit einer Projektlaufzeit von 11 Monaten lag nun auf dem Tisch. Die Zahl der Mitbewerber, die dieses Angebot ebenfalls erhalten haben, war groß. Mit welcher Strategie konnten wir diesen Auftrag also gewinnen? Für das Account Management kam diese Ausschreibung völlig unerwartet. Die erste Aufgabe war somit nicht unbedingt die eigene Strategie zu entwickeln, sondern die des Kunden zu ergründen. Was bewegt oder zwingt ihn diese Ausschreibung auf den Markt zu bringen?

Die Kundenanalyse

Der Kunde war und ist der größte Telekommunikationsanbieter in Deutschland und besaß, durch seine ehemalige Monopolstellung, weitgehend die gesamte Infrastruktur für die Telekommunikation. Dieser Markt war nun offen für andere Carrier, die jetzt ebenfalls Telefonie und Internet anbieten konnten – und dies mit aggressiver Preispolitik. Dadurch verlor unser Kunde immer mehr Marktanteile. Erschwerend kam hinzu, dass seine Infrastruktur nicht auf dem neuesten Stand der Technik war.

Es war somit für ihn ein ziemlicher Spagat, auf der einen Seite stetig mit weniger Umsatz rechnen zu müssen, auf der anderen Seite trotzdem massiv zu investieren. Anders die neuen Carrier, die auf den Markt drängten. Sie hatten die neueste Technik und konnten dadurch günstiger am Markt operieren. Die einzige Möglichkeit, die unser Kunde hatte, um auf den Kostendruck zu reagieren, war das Personal zu reduzieren. Dieser Personalabbau sollte in den nächsten Jahren bis zu 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ereilen. Das war schon eine Hausnummer.

Wer aber übte diesen Zwang, diese Carrier erfolgreich zu machen, auf unseren Kunden aus? Normalerweise hätte es das Ziel sein müssen diese Wettbewerber so klein wie möglich zu halten. Dafür hatte die Politik die Regulierungsbehörde geschaffen. Sie zwang unseren Kunden die Kabel für Telefonie und Internet von der Vermittlungsstelle bis in das Wohnzimmer des Konsumenten zur Verfügung zu stellen – die berühmte letzte Meile. Dies war keine komfortable Situation für unseren Kunden. Vorrangig musste er in neue Systeme investieren und benötigte daher die Systemhersteller und deren Kapazitäten zum Aufbau und Inbetriebnahme der neuen Systeme. Fachlich sehr anspruchsvoll war dabei der Schwenk von der alten auf die neue Technik, wofür qualifizierte Fachleute der Systemhäuser benötigt wurden.

Des Weiteren drängte die Regulierungsbehörde unseren Kunden, den Carriern den Zugang zu erleichtern und eine schnelle Bereitstellung des Telefon/Internetanschlusses sicherzustellen. Ein weiteres Problem ergab sich auf der Kostenseite. Wenn unser Kunde dem Carrier die Fläche samt Infrastruktur bereitgestellt hatte, konnte er ihm diese Leistungen auch in Rechnung stellen. Der Carrier erwartete natürlich Kosten mit regionalem Preisniveau und war in keiner Weise bereit die hohen Kosten der Techniker zu übernehmen, die von den Systemhäusern gekommen wären.

Im Fazit ergab dies folgende Zielformulierung des Kunden:

• Realisierung der Aufträge in kurzer Zeit, auf Zuruf und ohne Forecast
• Die Regulierungsbehörde zufriedenstellen, um nicht weiter unter Druck zu geraten
• Keine Abhängigkeit von den Kapazitäten der Systemhersteller
• Sicherung der Kapazitäten der Systemhersteller für die Installation neuer Systeme und für den Schwenk von den Altsystemen
• Kostengünstiger Einkauf der Installationsleistungen für die ausgeschriebenen Gewerke (Ziel von 25% unter den Kosten der Systemhersteller)
• Kurzfristige Bereitstellung von Anschlüssen für Konsumenten
• Das alles bei gleichbleibend hoher Qualität und gesicherten Fertigstellungstermine pro Abruf

Der Abgabetermin für das Angebot rückte schnell näher, aber wir mussten uns die Zeit für die Kundenanalyse nehmen, um die Ziele, Nöte und Zwänge des Kunden genau zu verstehen. Erst jetzt waren wir in der Lage unsere eigene Strategie zu entwickeln.

Wenn so ein dynamischer Prozess startet, ist man mit einem großen Team in einem Raum zusammen, den man dann oft tagelang nicht verlässt. Dann kommt ein Zettel an die Tür auf dem steht „War Room – do not disturb!“ und ich kann Ihnen versichern, das respektiert auch jeder. Vergleichbar mit einem Generalstab ist das Team abgeschirmt und es werden nur Zettel mit Aufgaben nach außen und Zettel mit Informationen nach innen gereicht.

Mehr durch Zufall hatte einmal jemand die im Raum befindliche Kamera versehentlich aktiviert. Als das Speichermedium voll war, piepte die Kamera und wir sahen uns gemeinsam an was in den letzten 2 Stunden aufgezeichnet wurde. Es gab natürlich nur eine Kameraeinstellung, die Totale, und keinen Ton. Aber man spürte auch so die Anspannung. Hätte Steven Spielberg ein paar Kamerawechsel, eine synchrone Vertonung und die entsprechende Musik mit hinzu genommen, wäre bestimmt ein spannender Kinofilm entstanden – naja, nicht für jeden.

PS: Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die bei der Abstimmung mitgemacht haben. Im Ergebnis haben 97% dafür gestimmt mehr von diesem Projekt zu erfahren.

Nächste Woche geht es weiter: Die Angebotserstellung